Quelle: Schlesische Bergwacht – Jahrgang 2/1983

Oben ist Freude und liebliches Wesen

Aus der Geschichte der Grenzbauden im Riesengebirge

Von Erhard Krause

Zum Dorfe Klein-Aupa, welches vor 1945 ca. 1150 deutsche Einwohner zählte und in die Gemeinden Ober- und Nieder-Kleinaupa geteilt war, gehören die Grenzbauden. Die Baudengruppe befindet sich in der Einsattelung am Ostende des Riesengebirgskammes, den sie hier von dem nach Norden laufenden Landeshuter Kamm und dem nach Süden hinziehenden Kolbenkamm trennt. Durchzogen werden die Grenzbauden, die als Sommerfrische, Touristenstandort und besonders als Wintersportplatz viel besucht wurden, von der Fahrstraße Schmiedeberg-Freiheit, auch befand sich bei ihnen ein preußisches und tschechisches Nebenzollamt. Heute ist die Kolonie Grenzübergangsstelle zwischen der Tschechischen Republik und Polen.

Zur Geschichte der Baudenkolonie verlautet, dass nach hierher in die Gebirgseinsamkeit verbannte Schweizer höheren Standes und österreichische Offiziere [1] ihre ersten Ansiedler waren. Als Gründungsjahr wird das Jahr 1663 angegeben. Klein-Aupa selber soll durch eingewanderte alpenländische Holzfäller entstanden sein. Näheres über die Entstehung der Grenzbauden berichtet das alte Reisehandbuch »Der Sudetenführer« von Julius Krebs, das 1839 zu Breslau erschien und welches Reiseskizzen aus den schlesischen Gebirgen in der ganzen Ausdehnung der Sudeten enthält. Wir lesen dort auf den Seiten 111 und 112 u. a.:

»Die drei letzten und höchsten Wohnhäuser des Oberdorfes von Klein-Aupa heißen die Grenzbauden und deren letzte liegt nur 20 Schritte von der preußischen Grenze. Sie sind vornehmen Ursprungs, denn Graf Kirchschlager, Fürst Reuß und von Brunnecker sollen sie angelegt haben, sämtlich österreichische Offiziere, die eines gewissen Vergehens wegen 1663 hierher zum Anbaue verwiesen wurden. Von den jetzigen Besitzern führen die Weinhändler Brunnecker und Kirchschlager noch die Namen jener Erbauer.

Anfänglich gab es nur eine, die Wastelbaude, am Wege nach Wolfshau, die deshalb vorzugsweise die Grenzbaude genannt wird. Sie ist, wie die anderen beiden, ein hübsches Gebäude voll heiterer Räume und zur Aufnahme von Reisenden eingerichtet, doch ist die Hübner´sche die eleganteste und ein wahres Hotel des Riesengebirges.

Hier findet man einen Saal, darin einen Wiener Flügel und gute, aber teuere Bewirtung, namentlich Forellen, Eierkuchen und Ungarwein in den feinsten Nuancen, süß wie die Liebe oder herb wie das Leben. Ein so genanntes Koppenbuch mit seinem gereimten und ungereimten dummen Zeuge ladet zur Lektüre, zum Nachtlager aber ein gutes Bett oder ein duftender Heuboden ein.

Es ist ein trefflich lyrisches und epikureisches Leben hier, und das wissen die Schmiedeberger und haben die Grenzbauden zu einem Vergnügungsorte ersten Ranges für sich graduiert. Hierauf fährt man von Ober-Schmiedeberg aus auf Hörnerschlitten mit einem vorgelegten wohlgeübten Pferde, das ein Führer leitet.

Oben ist Freude und liebliches Wesen. Man tanzt, trinkt, spielt, schwatzt und lacht, und denkt endlich, sobald der Mond aufgegangen ist, wieder ans Hinabfliegen, indem je einer oder ein Pärchen einen Hörnerschlitten einnimmt und unter der Leitung des vorne sitzenden gewandten Führers in kaum einer halben Stunde über die Schneedecke von der Höhe hinabgleitet, während man zur Auffahrt gegen zwei Stunden braucht.

Es erinnern diese Schlittenpartien an ähnliche in der Schweiz, vom Mont Cenis herab, von den Engländern dort Remassen genannt. Mit großer Kühnheit bringen im Winter die Gebirgsbewohner auf solche Weise von den Abhängen des Hochgebirges auch Holz in die Täler.«

Soweit der anschauliche Bericht aus dem alten Reisehandbuch. Paul Regell ergänzt diese Angaben über den früheren Hörnerschlittensport von den Grenzbauden nach Schmiedeberg in seiner Monographie »Das Riesen- und Isergebirge« (Leipzig 1927), wo er u. a. schreibt:

»Seit 1815 wurden von den Schmiedeberger Patriziern die Grenzbauden auch im Winter fleißig besucht; ja ihre berühmten Weinstuben erlebten gerade damals eine nie wieder erreichte Glanzzeit des Verkehrs; der Hörnerschlitten trat hier zuerst in den Dienst des Sports.« Und der Grieben-Reiseführer »Das Riesengebirge« von 1912 berichtet: »Von den Grenzbauden ist der Wintersport des Riesengebirges (schon 1850) ausgegangen und blüht jetzt umsomehr. Eine elektrische Bergbahn Schmiedeberg – Grenzbauden – Freiheit ist geplant.«

Nun, aus dem Projekt dieser geplanten Bergbahn ist nichts geworden. Dafür wurde aber in den Jahren 1908/09 von der höchsten Stelle der beim Schmiedeberger Pass abzweigenden Straße nach Liebau, dem so genannten »Ausgespann« (797 m), eine neue Fahrstraße zum Zollamt in den Grenzbauden gebaut, die wichtig für die Wagenfahrt ins Aupatal ist.

Diese Autostraße vom Schmiedeberger Pass über das »Ausgespann« (5 km) zu den Grenzbauden (10 km), bietet prachtvolle Aussicht, war aber bei nassem Wetter und im Winter oft völlig aufgeweicht. Die beliebten Hörnerschlittenfahrten erfolgten auf dem Fahrweg der »Zollstraße« in nordöstlicher Richtung am östlichen Abhang des Forstkammes und seinen Vorberg, der Mordhöhe, hinab nach Ober-Schmiedeberg.

Zu den alten drei Grenzbauden, die 1839 in dem alten Sudetenführer erwähnt werden, gesellten sich später noch mehrere andere hinzu, darunter zwei weitere Gasthäuser. Die Bewohner des noch »unverdorbenen Baudendorfes« betrieben Viehzucht, doch vermieteten auch die Privathäuser der Baudengruppe Räume an Fremde.

Bedingt durch den starken Reiseverkehr wurden die Grenzbauden, die für die aus dem böhmischen Landesinneren kommenden Riesengebirgsbesucher der Hauptausgangspunkt zur Besteigung der Schneekoppe sind, ein wichtiger Führerstandort. Zuletzt bestanden die nachstehend genannten Gastbauden:

Hübners Grenzbaude, Adolfs Neue Grenzbaude, die Tippeltbaude, die viel besuchte Goderbaude mit Nebenhaus und die Schlesische Grenzbaude mit dem Skiheim »Storchennest« der Skiabteilung Schmiedeberg.

Diese fünf Bauden verfügten über zusammen 224 Betten. Hinzu kam noch das Fremdenheim »Waldfrieden« mit 14 Betten und die Zimmer, welche Privathäuser vermieteten. Ebenfalls zur Post Grenzbauden gehörte die zwischen Baudenkolonie und der Schneekoppe am Faltisweg auf tschechischer Seite gelegene Emmaquellbaude (1280 m) mit 15 Betten.

Tippeltbaude und Schlesische Grenzbaude hatten den gleichen Besitzer; die letztere befand sich auf reichsdeutschem Gebiet. Von ihr verkehrte im Sommer die Kraftpost nach Liebau und Schmiedeberg.

Nach der böhmischen Seite (Petzer, Freiheit-Johannisbad) bestand von den Grenzbauden Omnibusverkehr. Die Goderbaude war das vorletzte Haus beim Grenzzollamt und den Grenztafeln. In der Nähe des Zollamtes stand am sog. »Tabaksteg« ein sehr alter Grenzstein mit dem Schaffgotschen Wappen. Der »Tabaksteg« war ein von der Forstverwaltung der Herrschaft Schaffgotsch und der Kgl. Hofkammer angelegter Waldfahrweg, der von der Kolonie Forstlangwasser nach den Grenzbauden führte.


[1] Gründungssage?! Nachweise hierzu fehlen. Passt auch nicht mit der Besiedlungsgeschichte der königlichen Wälder (Gross- und Klein-Aupa) zusammen – siehe Gross-Aupa!

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