Meiler und Köhler

(Aus Krkonoše; Zeitschrift des Riesengebirgsnationalparks, Januar 2003)

Dahin sind die Zeiten, als in den Wäldern des Böhmischen Königsreiches die Meiler brannten. Jahrhundertelang gewann man so Holzkohle, die man besonders für die Verhüttung brauchte, aber auch für Handwerker, wie etwa Schmiede, Kesselschmiede, Kannengießer, Schwertschmiede, Messerschmiede, Glockengießer, Silberschmiede, Glasbläser und nicht zuletzt auch für Köche. Blicken wir zurück in historische Zeiten und erinnern wir uns an das vergangene Köhlerhandwerk ebenso wie an das Leben der damaligen Menschen. Die Köhler bauten Meiler und kümmerten sich um die richtige Verkohlung des Holzes, das ihnen die Holzhauer vorbereitet hatten. Die Holzkohle vertrieben sie durch Fuhrleute. Nicht selten aber mussten sie sich selbst um alles kümmern. Am wichtigsten waren Köhler, die die Bergstädte belieferten. Die hatten auch ihre kommerziellen Genossenschaften, und im Jahre 1327 durch den Luxemburger König Johann bestätigte Privilegien. Sie waren von Abgaben an den König befreit und durften in den Städten Waffen tragen. Später, im 16. Jahrhundert, konnten dieses Privileg nur freie Köhler ausnutzen. Untertänige mussten die Befehle ihrer Herren ausführen. Köhler, die Holzkohle in der Nähe von Bergstädten oder anderen größeren Orten brannten, gehörten zu den Vermögendesten und sobald sie sich in der Stadt ansiedelten, handelten sie meistens nur noch mit Holzkohle. Sie übten das Handwerk nicht mehr selbst aus, sondern beschäftigten Knechte, worüber ein Bericht aus dem Archiv von Kuttenberg aus dem Jahre 1611 lautet: "...oft geben sich die Knechte dem Trunk und anderer Verschwendungssucht hin, kümmern sich nicht um die Meiler, welche einbrechen und wo das Holz zu Asche verbrennt." Und im Böhmischen Parlament ging es im Jahre 1557 um die Köhlerei, und zwar aufgrund einer Beschwerde aus Kuttenberg: "beim Kohlebrennen wird auch viel Schaden gemacht, zu große Meiler werden gebaut, die oft nicht ihren Zweck erfüllen, sondern Verlust verursachen; im Laufe der Zeit verbrennt die Kohle im Meiler, was nur sehr schädlich sein kann, denn auch durch solch unverständiges Tun sind die Wälder der Umgebung zum größten Teil verwüstet, und wenn das länger so sein sollte und man mit den Holz nicht spart, so müssten allein wegen des Kohlemangels die Berge verlieren." Nach diesem Zitat können wir berechtigterweise annehmen, dass es sich um Holz aus dem Riesengebirge handelt. Wir wissen, dass Holz auf der Aupa und der und Elbe geflößt und in Alt-Kolin ein Teil in Meilern zu Holzkohle gebrannt wurde. Die Schmelzöfen in Kuttenberg verbrauchten jährlich 42 000 Verschlag Kohle. Und die Holzkohle aus dem Riesengebirge war die billigste und kostete 8 und ½ Kreuzer, die aus anderen Wäldern dagegen 14 – 15 Kreuzer.

Meiler brannten so in den Wäldern des Riesengebirges, und zwar vermutlich vom 15. bis zum 16. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Grubenbetrieb und der Gewinnung von Gold, Silber, Eisenerzen usw. Der Bedarf an Holzkohle erhöhte sich, als Krystof Gendorf aus Gendorf die Hohenelber Herrschaft erlangte und sich von Schlesien aus der Hüttenbetrieb verbreitete. Über den beklagenswerten Zustand des Waldes in jener Zeit lesen wir in einem Bericht einer Kommission aus dem Jahre 1569: "... wie bei Gendorf werden die Riesengebirgswälder weiter verwüstet, wo eine Anzahl von Köhlern und Holzfällern Holz schlagen und Kohle brennen ..." Und nach 100 Jahren finden wir die Feststellung in einem Bericht des Forstmeisters Koch (1643 – 1652) "... es wurde viel Bestand gerodet, Holz verbrannt und die Asche nach Schlesien verkauft". Diese Berichte beweisen, dass die Holzverkohlung in Meilern im Riesengebirge häufig war und dass das Köhlerhandwerk sich ständig im Aufschwung befand. Auch später haben wir Berichte über die Tätigkeit der Köhler. Nach dem großen Windbruch im Jahre 1773 gelang es nicht, das Holz zu verkaufen, also beschloss Graf Harrach, das Windbruch-Holz in Siebental (Sedmidoli) zu Asche zu verbrennen und diese zu verkaufen. Seine Verordnung entspricht genau der Forstordnung für Böhmen aus dem Jahre 1754, wo steht, dass man zum Brennen von Holzkohle vor allem Bruchholz verwenden solle und dass Meiler auf Lichtungen zu bauen seien, um Jungholz nicht zuschädigen. Die Verordnung des Grafen Harrach wurde aber nicht befolgt, und man verwendete zum Brennen auch hochwertiges Buchen-, Fichten- und Tannen-Holz. Im Jahre 1814 sollte, im Bemühen Scheitholz einzusparen, versuchsmäßig zur Gewinnung von Holzkohle auch Knieholz verwendet werden, und zwar bis an die Staatsgrenze. Wann und wo der letzte Meiler im Riesengebirge brannte, weiß man nicht und bleibt für uns vermutlich immer ein Geheimnis. Es kam jedoch zu einer überraschenden Entdeckung. Bei der nächtlichen Überschwemmung, am 1. September 2002, suchte sich das Schwarzwasser an der oberen Kleinen Aupa ein neues Flussbett. Unter einer dicken Schwemmschicht, auf der Wald gewachsen war, entdeckte man Kohlenstaub und Kohle. Das Profil, das am Bachufer deutlich zu sehen war, zog sich mit einer durchschnittlichen Mächtigkeit von etwa 20 cm über einen Verlauf von fast 43 Metern hin, in der Tiefe 60 – 70 cm unter der Oberfläche, am Ufer gegenüber in einer Länge von 37 Metern und 40 cm unter der Oberfläche. Man kann annehmen, dass dies nur ein Teil des Gebietes ist, wo einmal Meiler brannten. Bei einem kleinen Teil des Profils, noch um 20 cm tiefer, war deutlich ein Streifen Asche mit einer Mächtigkeit von 10 – 15 cm und einer Länge von 10 m. Das Freigelegte war bei der Reparatur des Weges teilweise verfüllt worden, nur ein kleiner Teil blieb offen. Es wurden Vermessungen durchgeführt, Zeichnungen angefertigt und Probe der Asche und des verkohlten Holzes zur Untersuchung eingeschickt.

Aus einer groben Schätzung kann man schließen, dass die ältere Fläche, auf der sich der Meiler befand, eine Ausdehnung von etwa 150 – 200 qm, die jüngere Oberschicht dann 1 300 – 2 000 qm haben könnte. Zur Aufklärung dieser Funde erbaten wir die Hilfe eines Experten der Geschichte des östlichen Riesengebirges, RNDR. Pavel Klimes. "Bei der Untersuchung der Örtlichkeit der Kleinen Aupa hat sich im Jahre 1984 der alte und letzte hiesige Bergbauer Reimund Sagasser erinnert, dass man den Ort des Zusammenflusses von Schwarzwasser und Fichtigbach Kohlplan genannt hat. An das Brennen von Holzkohle beim Schwarzwasser erinnerte sich nicht einmal sein Vater. Reimund Sagasser meinte, dass dies lange vor dem Bau des Pochwerks zur Verarbeitung von Eisenerz war, welches unweit des Zusammenflusses, etwa im Jahre 1842 entstand". Im tschechisch geschriebenen Bericht der Kuttenberger Beamten aus dem Jahre 1609 können wir auf Seite 8 lesen, dass sie bei ihrem Weg durch Klein-Aupa ausgehend vom Kuhberg zum Fichtig um den Platz "Kolern gingen". Dieser Ortsname ist nicht überliefert, ist aber höchstwahrscheinlich eine Wiedergabe des verstümmelten Wortes Kohle und könnte eine Beziehung zu "Kohlplan" haben. Im östlichen Teil des Riesengebirge gibt es viele Orte, die an älteste menschliche Tätigkeiten erinnern: Geebnete kreisförmige Plätze, sogenannte Erdspiegel mit einem Durchmesser von 8 m, bedeckt mit Humus und Vegetation, eine Schicht bis zu einem halben Meter aus Asche und Resten von Kohle.

Meistens werden wir fündig in der Nähe wenigstens einer kleinen Wasserstelle. In Klein-Aupa ist die Mehrzahl der Orte, wo sich immer 3 – 5 Fundamente für Meiler finden lassen, dann im westlichen Teil des Löwengrundes, am Mittelberg, der Kugel, Rennerberg, hauptsächlich rings um den Messner-Bach, oberhalb der Grundbauden und woanders. An acht Plätzen fanden wir etwa 25 Meiler. In anderen Gebieten von Klein-Aupa sind Meilerfundamente eine Seltenheit. Darum gibt der Tipp Reimund Sagassers auf eine zentrale Stelle im mittleren Teil von Klein-Aupa für Brennen größeren Mengen von Holzkohle Sinn. Ein Beweis für die Existenz des möglicherweise größten Meilerplatzes im Riesengebirge fehlte bis zur Überschwemmung in der Nacht des 1. September 2002. Nach dem flüchtigen historischen Einblick ist es am Platze, sich an die schwere Arbeit der Köhler zu erinnern. Ihre Arbeit war vorwiegend saisonbedingt. Die Meiler brannten von Mitte Mai bis Ende September. Aber auch dann hatten sie genug zu tun und bereiteten das Holz für das Kohlen im nächsten Jahr vor oder besorgten sich woanders Arbeit. Bei der Auswahl eines neuen Platzes für einen Meiler musste darauf geachtet werden, dass man ihn einigermaßen leicht erreichen konnte, es ausreichende Bestände an Holz, möglichst eine Quelle in der Nähe gab und nicht allzu viel Feuchte, Steinigkeit und Wind hinderten. War die ausersehene Stelle nicht eben, mussten man den Platz vorbereiten, Graswuchs, Steine, Baumwurzeln entfernen und vor dem ersten Brennen eine Schicht Kohlenstaub aufbringen. Darum kohlten die Köhler auch gern mehrmals an ein und derselben Stelle. Das Holz, das sie brannten, durfte nicht verfault sein. Am besten war teilweise trockenes oder entwässertes. Holz von Nadelbäumen verliert beim Brennen bis 5/6 und Laubholz 4/5 seines Gewichtes. Sobald sie das Holz und den Platz vorbereitet hatten, begannen sie mit dem Bau des Meilers. In die Mitte der vorbereiteten Fläche stellten sie einen 5 – 6 Ellbogen (etwa 3 – 3,5 m) langen hölzernen Pfahl, die sie "König"*) nannten, und steckten den Umriss des Meilers ab. Den König umhüllten sie mit trockenem Gestrüpp und begannen um ihn herum schwächere Scheite aufzuschlichten. Nachdem ein Durchmesser von etwa über einem Meter erreicht war, schlichteten sie ringsherum die dicksten Scheite. Dann schichteten sie weiter schwächere auf, bis sie zum Ende des Meilerumfanges das dünnste Holz anstapelten. Alle Hohlräume füllten sie mit schwachen und kleinen Hölzern aus. Dann ging man im Schlichten der zweiten Lage genauso vor und schichtete je nach Länge der Scheite 3 – 4 Reihen zur Form eines Kegelberges. Der fertige Meiler musste mit zwei Lagen bedeckt werden. Die erste, näher am Holz, bestand aus Laub, Nadeln, Reisig, Moos und dünnem Rasen, die zweite, von den Köhlern "Ruß" genannt, aus schmierigem Lehm, teils vermischt mit Kohlenstaub. Die Stärke der Eindeckung war am Fuße des Meilers schwächer, oben stärker. Die obere Rußschicht wurde sorgfältig so aufgetragen und verwischt, dass sie undurchlässig wurde. Dann musste nur noch der Meiler angezündet werden, meistens am Morgen. Es konnte auf zweierlei Art erfolgen, von oben oder von der Unterseite, aber das musste bereits beim Bau des Meilers entschieden werden. Beim Zünden von der Unterseite, musste man die Kammern vom Außenbereich des Meilers zum König führen, immer am Ort, wo der wenigste Wind war. Der Meiler musste gut ausgefüllt sein mit Gestrüpp und Rinde, damit er gut brannte und das Feuer sich gut ausbreiten konnte. Das Zünden von oben war einfacher. Die Köhler durchstießen mit einem Schürhaken an einigen Stellen den Meiler von oben und streuten glühende Kohlestücke in die Mitte des Meilers. Wenn der Meiler zu brennen anfing und aus dem Durchstich dicker Rauch austrat, verhüllte man die Mitte des Meilers mit kräftigem Rasen. So ließ man ihn für etwa 6 Stunden geschlossen. Nach dieser Zeit entfernte man den Rasen und füllte den abgebrannten Raum mit kleinen Hölzern und schloss wieder mit Rasen. Dieses wiederholte sich allmählich mit zunehmend längeren Zeitspannen und man erreichte die völlige Verkohlung des Meilers dadurch, dass man immer stärkeres Holz zugab. Der Ablauf und die Qualität der Verkohlung konnte man am Geruch und der Farbe des Rauches erkennen, der aus dem Luftloch des Meilers aufstieg. Anfangs war er dunkel, dann weißlich, zuletzt hellblau, und er duftete dann nach Harz. Durch Verstopfen einzelner Bohrungen oder durch mäßiges Übergießen mit Wasser konnte man die Verkohlung verlängern und die ungewollte Verbrennung vermeiden oder man brachte weitere Löcher an, damit sich das Feuer besser verbreitete und auch der untere Teil des Meilers gut durchbrannte. Bei gutem Ablauf der Verkohlung änderte sich die Form des Meilers nicht, aber die Höhe nahm auf die Hälfte ab. Meiler von einem Durchmesser von 6 – 7 m und einer Höhe von etwa 3 – 3,5 m aus Fichten- oder Tannenholz brauchten für die Verkohlung 9 – 12 Tage. Nach dem Erkalten des Meilers begann man alle Löcher und das Luftloch zu verstopfen, damit wurde im Inneren das Feuer gelöscht. Das dauerte etwa einen Tag. Dann wurde der Ruß vom Meiler abgekratzt und man ließ ihn in die untere Etage fallen. Dies bewirkte gleichzeitig ein schnelleres Verlöschen und Kalt werden.

An den weiteren Tagen erkaltete der Meiler soweit, dass man allmählich die Kohle Schicht um Schicht ausgraben und sortieren konnte. Grobe Holzkohle war bestimmt für die Verhüttung, kleinere Stücken für Glashütten, Schmiede und Schlosser. Die Qualität der fertigen Kohle wurde danach beurteilt, wie leicht man sie aufbrechen konnte, dass sie die Hand nur wenig schwärzte und dass sie an der Bruchstelle glänzte. Weiterhin sollte die Kohle nicht zerklüftet sein und sollte beim Abklopfen einen klaren Klang ergeben. Die Holzkohle wurde vom Meiler so bald wie möglich auf Wagen und Karren verladen (oder im Riesengebirge trug man sie auf Kraxen), denn bereits ein einziger Regentag verschlechterte ihre Qualität. Als Nebenprodukt bei der Gewinnung von Holzkohle wurde manchmal auch Wagenschmiere gewonnen. Dies aber weitaus seltener. Die Köhler benutzten einfache Geräte, die sie in ihren Köhlerkarren von Ort zu Ort mitführen konnten. Es gab Schaufel, Harke, den Köhlerschlegel, Schürhaken, Äxte, Sägen und eine kurze Leiter.

Die Köhler waren seltsame, furchtlose und bescheidene Leute, die das ganze Jahr über ungünstiges Wetter und die Einsamkeit im Wald auf sich nahmen. Den größten Teil des Jahres verbrachten sie unter freiem Himmel und unter einem bescheidenen Schutzdach in der Nähe des Meilers. In den Herbstmonaten und manchmal auch im Winter bereiteten sie das Holz für das Brennen im Frühling oder im Sommer vor. Dann blieben sie ununterbrochen tagsüber und nachts am Meiler, und nur wenn sie die Arbeit samstags beenden konnten, gingen sie nach Hause um den Sonntag mit ihrer Familie zu verbringen. Das Kohlebrennen war ein Handwerk, das vom Vater auf den Sohn vererbt wurde und nur selten nahm sich ein Köhler einen anderen Lehrling. Sie liebten anscheinend die Einsamkeit und den Wald. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätten sie ihre Arbeit bestimmt nicht machen können. Und ganz zum Schluss eine Empfehlung für eine schöne Wanderung. Gehen Sie auf dem schönen neuen Wanderweg vom Polarstern ("Severka") zum Buffet "Na Roszesti" ("Zur Kreuzung") und Sie werden an dem Ort vorbeikommen, wo die Meiler brannten. Halten Sie dort eine Rast und denken Sie an das Handwerk und das Leben dieser bemerkenswerten Menschen.

Václav Vašina, archiv
Übersetzung: Gustav Erlbeck, Kirchberg

*) Der in der Mitte aus Stangen errichtete Feuerschacht heißt "Quandel" (laut Brockhaus).

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