Quelle: Heimatblatt "Riesengebirgsheimat" September 1971

Vom Löwengrund zur Schneekoppe

Eine Wanderung durch das wildromantische Gebiet bei Klein-Aupa

vom Erhard Krause

Am südlichen Abhänge des Forst- oder Schmiedeberger Kammes beginnend, zieht sich in der Richtung von N. nach S. das Tal der Kleinen Aupa, welches seine Zuflüsse aus drei Gebirgsbächen erhält: 1. den Löwenbach, der in der Mulde zwischen der Schneekoppe und der Schwarzen Koppe entspringt; 2. den Schwarzen Bach, welcher von der Fichtiglehne und den herrlichen, blumenreichen Wiesen der Grenzbauden herabkommt und 3. dem Pladerwasser, das seine Quellen am Kolbenberge hat. Nordwestlich von der "Mohornmühle" in Nieder-Klein-Aupa fließen diese Bäche zur Kleinen Aupa zusammen, die sich bei der Kreuzschänke mit der Großen Aupa vereinigt und gemeinsam mit dieser als "Aupa" weiter nach Süden fließt.

Die "Mohornmühle" (760 m), ein altbekanntes Gast- und Logierhaus, das 1938 durch Brand zerstört wurde, war die Haupttouristenstation des weithin zerstreuten Gebirgsdorfes Klein-Aupa (750 – 1050 m), das mit seiner herrlichen Umgebung und den am oberen Talschluss gelegenen Grenzbauden eine sehr beliebte Sommerfrische und bedeutenden Wintersportplatz des Riesengebirges bildete. Als Ausgangspunkt in das ungemein romantische Gebiet zu beiden Seiten des Löwengrundes mit der Schneekoppe als Endziel der Touren, erfreute sich die mit Fremdenzimmern, Bädern, Autohalle, Cafe, Garten und Veranda ausgestattete "Mohornmühle" stets eines regen Besuches und war ganzjährig geöffnet.

So schön und großartig das Gebiet des prachtvollen, einsamen Löwengrundes ist und so hochinteressant die Partien sind, die man von dort aus unternehmen kann, so ist es doch stellenweise recht beschwerlich zu begehen. Man konnte in dieser noch urwüchsigen Gebirgswelt leicht in die Irre geraten, weshalb eine vorherige Orientierung beim Wirt der "Mohornmühle" und eine gute Karte erforderlich waren. Der einzigartige, aber doch schwer zu findende, im oberen Teile schwierige Koppenanstieg der sich auf verschiedenen Wegen und Pfaden bewerkstelligen ließ, erforderte drei bis fünf Stunden. Bei den Pfaden im oberen Teile des Grundes handelte es sich durchwegs um verbotene Pürschsteige, die man zur Zeit der Hirschbrunst im Herbst besser mied.

In Gedanken wollen wir nun einmal die herrliche Hochgebirgswelt besuchen. Von der "Mohornmühle" gelangen wir nach wenigen Minuten zum Einfluss des von Westen herkommenden Löwenbaches in die Kleine Aupa. Wir verlassen hier die Fahrstraße, die über den Fichtiggrund und Ober-Klein-Aupa nach den Grenzbauden führt, und wandern auf einem Forstweg an der rechten Seite des munteren Löwenbaches in den von steilen Bergwänden eingeengten, wildromantischen Waldtale aufwärts, bis wir nach ungefähr einer Stunde zur Brandstelle der ehem. Wassabaude (1 040 m) kommen, wo sich vor uns eine saftig grüne Waldwiese ausbreitet, die seitlich von den steil ansteigenden Lehnen des Löwen- und Finkenberges und vorn von der Schwarzen Koppe eingeschlossen ist.

Ziemlich in der Mitte der Wiese, links am Waldrande, genießen wir dann einen überraschenden Blick auf die hoch über uns auftauchenden Koppenhäuser und der Koppenkegel zeigt sich uns in so großartiger und eindrucksvoller Gestalt, dass er selbst noch das alpine Bild, das der Anblick der Schneekoppe aus dem Riesengrund bietet, zu übertreffen scheint. Was die abgebrannte und nicht wieder aufgebaute Wassabaude betrifft, wo sich die Wanderer einst stärken konnten, so handelt es sich bei dieser idyllisch gelegenen Wohnstätte um ein Försterhaus mit einfacher Gastwirtschaft. Die Baude bestand aber anscheinend nicht lange, da sie Meyer´s "Wegweiser durch das Riesengebirge" vom Jahre 1898 bereits als Brandstätte anführt.

Hier oben im Löwengrunde haben wir nun die Wahl, welche Aufstiegsroute zur Schneekoppe wir einschlagen wollen. Wir können gleich bei der ersten Brücke des Grundes links ab den sog. Meßnergraben (Forstweg) folgen und erreichen dann über die Sagasserbauden, Hoferbauden, Leischnerbauden und Rosenberg die Koppe. Diese Koppenbesteigung ist der kürzeste Aufstieg vom Tale, nicht steiler und schwieriger als der durch den Riesengrund und wurde viel begangen, da er überaus schöne Blicke in den prachtvollen Löwengrund und die Berggruppe um die Stelle der ehemaligen Wassabaude gewährt. Eine besonders herrliche Aussicht über das ganze böhmische Riesengebirge und über die Gründe zu beiden Seiten (Aupa- und Löwengrund) hat man von den Leischnerbauden (1 263 m), die am Ostabhang des Rosenberges liegen.

Ein anderer Weg für kräftige Steiger führte am linken Ufer des Löwenbaches über die Grundbauden, Laubplan und Braunbaude zu den Leischnerbauden, und noch weiter oben ging ein Weg links hinauf durch den Kreuzgraben auf den Rosenberg (1 388 m) zwischen Leischnerbauden und Schneekoppe. Schwer zu finden war dagegen der Aufstieg von der Brandstätte der Wassabaude nach der Koppe, der auf ursprünglichen, zum Teil unkenntlichen Pfaden vorgenommen werden musste. Man gelangte auf diesen weiter oben über den Löwenbach und im Urwalde steil hinauf mit prächtigen Blick auf die rechts liegende Schwarze Koppe (1 407 m) und den von dieser nach Süden streichenden Löwenberg (1 158 m), dann abermals auf kleiner Brücke über den Wildbach und links auf schlecht erkennbaren Pürschsteig in Serpentinen empor zum sog. "Sonnengraben".

Dort oben ging es am südlichen Abhang des Riesenkammes weiter bergan und durch dichtes Knieholz rechts hinauf zum Faltisweg, der auf der Höhe des Kammes zur Schneekoppe zieht und nach einem Gönner des Riesengebirgsvereins, dem Fabrikbesitzer Faltis in Trautenau, benannt wurde. Man konnte auch im "Sonnengraben" selbst zur Koppe hinaufklettern, was zwar beschwerlicher, aber auch nicht gerade gefährlicher war. Schließlich konnte man von der letzten Brücke des Löwenbaches am südlichen Abhang des Mittelberges bergansteigen und kam so zum südlichen Abhang der Schneekoppe, deren böhmischer Teil zur Gemeinde Ober-Klein-Aupa gehört. Auf Kleinaupaer Grund steht auch die 1668 – 1681 erbaute St. Laurentius-Kapelle auf der Koppe.

Von den übrigen Wegen des romantischen Löwengrundes sei noch der Weg von der Wassabaude nach Osten durch das Schatzlarloch nach den Fichtig (1168 m) erwähnt. Das "Fichtig" oder die Fichtiglehne ist eine waldige Einsenkung zwischen der Schwarzen Koppe und dem Forstkamm. Die Schwarze Koppe selbst, die nach drei Seiten steil abfällt, bietet schöne Aussicht in die Täler und Schluchten der Kleinen Aupa. In ihrer Nähe entspringt der "Himmelsseiffen", der sich in schmaler Furche steil in den Melzergrund hinabstürzt und beim Lausmannshübel in die Kleine Lomnitz mündet. Zwischen der Schneekoppe und der Schwarzen Koppe liegt noch eine zweite geringe Erhebung, der Sternberg. Hier am Wege befanden sich zwei Gedenksteine: das Wobus-Denkmal, das des im Winter 1909 bei schlechtem Wetter auf einer Skifahrt ums Leben gekommenen Lehrers Max Wobus gedachte, und ein Stein für den ebenfalls im Winter hier zu Tode gekommenen Schülers Jeschke.

Von der Einsattelung des Fichtig gelangt man östlich, allmählich am Südabhang des Forstkammes durch Wald hinabsteigend an der früheren vielbesuchten Hübnerbaude vorbei, zuletzt ein Stück auf der Autostraße zum obersten Teile von Ober-Klein-Aupa, den Grenzbauden (1 050 m), welche Ansiedlung von verbannten höheren österreichischen und schweizerischen Offizieren gegründet wurde und deren deutschen Bewohner in der Hauptsache von Viehzucht lebten, später aber auch eine gute Einnahmequelle durch den starken Fremdenverkehr (Sommerfrische und Wintersportplatz) hatten.

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