Quelle: Heimatblatt "Riesengebirgsheimat", Jahrgang 1966

Kleinaupa einst und jetzt

von Franz Schöbel

Von Simon Hüttel wird die Kleine Aupa als Gebirgsbach schon im Jahre 1537 im Zusammenhange mit dem Fischer Fabian Aust genannt, der im Dienste der Trautenauer Herren von Schönburg gestanden. 1567 wird auf ihr die erste Klause zum Zwecke des Holzflößens erwähnt. Damals begann man den Holzreichtum des Riesengebirges für das Kuttenberger Bergwerk zu nutzen und flößte es mit Hilfe mehrerer Klausen auf der Aupa und Elbe bis nach Alt-Kolin und brachte es mit Fuhrwerken zum Bergwerk. Die zum Großteil aus den Alpenländern berufenen Holzfäller und -fachleute siedelten sich im Gebiete des späteren Dorfes an und legten den Grund für die beiden Gemeinden Nieder- und Ober-Kleinaupa. Anfangs wuchs dieser Ort nur langsam, denn in der Steuerrolle vom Jahre 1654 wird er noch nicht genannt. Im Theresianischen Kataster von 1713 aber ist er enthalten; nur schade, dass dessen Inhalt nicht zur Hand ist. Die Entwicklung scheint aber dann gut vorangekommen zu sein, weil 1790 der Ort bereits in Nieder- und Ober-Kleinaupa geteilt ist (56 und 53 Nummern).

Am Anfang mag der Holzarbeiter als einziger Beruf gestanden haben, bis sich bald aus den Tallagen am Wasser und auf abgeholzten Flächen Wiesen ausbreiteten, die eine bescheidene Viehzucht mit Butter- und Käsebereitung ermöglichte. Die Häuser waren durchwegs die uns aus dem ganzen Riesengebirge noch gut bekannten typischen Holzhäuser. Der Verbindungsweg von Trautenau-Marschendorf führte schon früh über Kleinaupa und den Kamm nach dem schlesischen Schmiedeberg, sodass sich bereits um 1800 hier der Reiseverkehr stark entwickelte, zuerst in den Sommermonaten, aber auch bald im Winter, als mit dem Hörnerschlitten ein bescheidener Wintersport einsetzte. Dadurch kam auch allmählich das Gastgewerbe als neue Erwerbsquelle hinzu. Doch wurde das Riesengebirge erst durch die Einführung des Schneeschuhs (Ski) für den allgemeinen Wintersport erschlossen und der in Hohenelbe gegründete Riesengebirgsverein sorgte dafür, dass das gesamte Gebirge sommers wie winters dem Touristenverkehr geöffnet wurde.

Im Jahre 1788 wurde für die erste Kirche der Grundstein gelegt, nachdem sich Kaiser Josef II. persönlich von der Notwendigkeit des Kirchenbaues überzeugt hatte. Aber 1806 äscherte ein Blitzschlag die Kirche ein, die aber 1807 wieder aufgebaut worden war. Zum Kirchspiel gehörte die Sankt Laurentiuskapelle auf der Schneekoppe, die erstmals 1668 konsekriert wurde, ein Beweis, dass schon damals ein reger Verkehr zum höchsten Berge des Riesengebirges angenommen werden muss. 1943 wirkte an der hiesigen Kirche Pfarrer Johann Gleißner, geb. 1889 in Grossaupa.

Wann ein regelmäßiger Schulbetrieb aufgenommen wurde, ist nicht zu ermitteln. Sicher aber schon lange vor 1797, wo das erste hölzerne Schulhaus gebaut wird. 1875 folgte diesem ein Neubau, abermals aus Holz. 1890 war die Schule dreiklassig, wurde aber vor 1936 vierklassig.

Die Seelenzahl des Pfarrsprengels wird 1834 mit 1030, 1896 mit 1211, 1901 mit 1126, 1936 und 1943 mit 959 angegeben. Dazu die Zahlen der Schulkinder: 1889 214, 1912 198 und 1936 153 Schüler. An Einwohnern zählten die beiden Gemeinden: 1790  826,   1838   1023,   1900   1131, 1921   1001,   1939  924.   Die beiden Kleinaupa zählten 1790 109, 1836 198, 1900 213, 1921 224, 1930 235 und 1945 251 Häuser.

Nach der Volkszählung vom Jahre 1930 gab es folgende häufige Familiennamen, wovon viele ihre alpenländische Herkunft erkennen lassen. Es gab 45 Familien Kirchschlager, 23 Brunnecker, 19 Grabiger, 19 Bönsch, 18 Ruse, 15 Sagasser, 10 Braun und 10 Wimmer, 8 Gintschel, 7 Hübner und 7 Kirchner, 6 Hofer und 6 Tippelt, je 5 Dix, Gleißner und Hintner, sowie je 4 Mohorn, Salwender und Tasler, um die häufigsten zu nennen. Eine Aufzählung der häufigen Familiennamen von Gross-Aupa würde ein ähnliches Bild ergeben, denn beide Orte entstanden etwa zur selben Zeit und aus den gleichen Anlässen.

Im September 1946 wurde die gesamte deutsche Bevölkerung bis auf zehn Familien vertrieben, kam nach Westdeutschland, hauptsächlich aber nach Bayern. Damit endete für sie die fast dreihundert jährige Geschichte ihrer Riesengebirgsheimat, die sie sich mit viel Mühe und Schweiß geschaffen hatte.

II.

Im Jahre 1962 erschien als Publikation des Trautenauer Museums eine Schrift "Kleinaupa, wirtschaftsgeographischer Abriss einer Gebirgsgemeinde" von Dr. Leopold Joura, welcher wir folgendes entnehmen:

"Mit der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung hat sich natürlich die Struktur der Einwohner sowie der Charakter des ganzen Gebietes geändert. Der neuen Siedler waren nur wenige, dazu beschäftigten sie sich nicht mit der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Soweit es in zwei Fällen geschah, war dies nur eine Ergänzung zur Hauptbeschäftigung.

Ähnlich war es bei den Waldarbeitern. Damit verloren die Häuser ihre landwirtschaftliche Funktion und wurden, allerdings erst nach längerer Zeit, in städtische Siedlungseinheiten umgebaut. Bei vielen Häusern baute man ehemalige Ställe in Wohnräume um. Die neuen Besitzer waren zwar anfangs für das Mähen und Ernten des Heues verantwortlich, doch fehlte es an Stalldünger und Jauche zur Erhaltung der Wiesen bei vorsorglicher Düngung. Durch den Umbau und die Umwandlung der Häuser in Erholungsheime hörte die Viehzucht ganz auf, womit auch die Erzeugung von Dünger und Jauche wegfielen. Das Mähen stieß auf große Schwierigkeiten. Die zu 14-tägiger Erholung Ankommenden waren sicher bereit, einen Teil des Urlaubes auf die Heuernte zu verwenden, aber oft vereitelten die klimatischen Verhältnisse den Erfolg. Außerdem kam es höchstens einmal während des Sommers zur Heumahd, oft wurde an vielen Orten das Gras überhaupt nicht gemäht, so dass die Vegetationsdecke stark gestört und entwertet wurde und sich der Mooswuchs vermehrte. An anderen Orten wurden die Wiesen durch schwere Schlepper beschädigt, so dass die Pflanzendecke buchstäblich weggeschürft wurde und der Verödung oder Verwüstung den Weg öffnete. Diese begann allmählich, schritt jedoch ständig fort.

Es wurde als ein Ausweg aus dieser trostlosen Lage betrachtet, als die Staatsgüter mit der freien Weide für Rindvieh und Schafe begannen. Für die Unterbringung des Viehes wurden einige verlassene Häuser benutzt sowie neue Holzställe und Regenunterkünfte gebaut. Die ersten Erfolge waren hoffnungsvoll. Dem Vieh bekam die Bewegung an der frischen Luft und die Weide selbst brachte gute Gewichtszunahmen. Aber bald zeigten sich die schädlichen Folgen dieser neuen Wirtschaftsweise. Das Aussuchen der Weiden geschah sachgemäß und wurde dem Willen und der Bequemlichkeit der Viehzüchter überlassen, deshalb war die Technik der Bewirtschaftung ganz und gar falsch. Dadurch wurden nicht nur Schäden an der Vegetation hervorgerufen, die Landschaft litt mit ihrem Charakter darunter auch ästhetisch. Die zerstampften früheren Wiesenkulturen hatten weiter Einfluss auf die Hygiene. Mengen von Ungeziefer, Staub und das Abschwemmen von Tierkot in die reinen Gebirgsbäche entwerteten in hohem Maße das Aussehen der Wiesen und Wege, die von Erholungssuchenden stark belebt waren. Soweit man früher das Vieh auf die Weide trieb, waren es immer nur drei bis vier Stück auf eine Fläche von wenigstens einem Hektar, welche überdies im Jahre mehrmals gemäht wurde, was stets bei trockenem Wetter geschah, so dass der Schaden wirklich unbedeutend war. Ganz anders bei der massenweisen freien Weide, wo sich auf der gleichen Fläche an die hundert Rinder drängten, welche dadurch auch keine Möglichkeit des Auslaufens hatten. Sie befanden sich innerhalb einer Holzumzäunung oder eines Elektro-Weidezaunes. Das Vieh suchte sich auf der Weide bestimmte Pflanzen, die beim intensiven Abweiden keine Samen tragen konnten. Es kam zum langsamen, aber ständigen Überwuchern der Pflanzen, die vom Vieh verschmäht werden. An den Hängen begann sich Riedgras und Wolf auszubreiten. An Orten, wo sich das Vieh längere Zeit aufhielt, wurde der Pflanzenwuchs buchstäblich vernichtet und vom Regenfluss die feineren Teile ausgeschwemmt, so dass sich das Erdreich in grobkörnigen Sand verwandelte. Die Wiesen waren des wichtigsten Trägers für den Bodenschutz entblößt, da die Pflanzenwurzeln den Boden festhalten, den Humus befördern und das Wegschwemmen durch Wasser verhindern. Auch die Grasdecke wurde durch die Hufe der Tiere mechanisch beschädigt. Der Boden unterlag stärker der Erosion, und war der schützenden Vegetation beraubt, der Sonnenstrahlung stärker ausgesetzt. Die nackte Oberfläche bewirkt ferner ein stärkeres Schwanken der Tages- und Nachttemperatur, was die Verwitterung beschleunigte. Die feineren Teile konnten leicht bei den häufigen Niederschlägen weggespült werden, der Boden wurde seiner fruchtbarsten Oberschicht beraubt. Ja, es kam so weit, dass sich an einzelnen Stellen der steinige Untergrund zu zeigen begann. Es kam zu allmählichen Verschlechterung der physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften und damit zur Entwertung des Bodens. Das Austreten von Stufen durch das Vieh quer zum Hange bewirkte Bodenrisse, bar jedes Vegetationsschutzes, von denen das Erdreich bis auf den nackten Stein abgetragen wurde. An schroffen Abhängen zeigten sich tiefere Furchen, durch die Regenflüsse bildeten sich Erdrisse und verödeten manche Hänge so, dass sie die natürliche und künstliche Sanierung des Bewuchses unmöglich machen. Belege für diese Feststellung geben zahlreiche Beispiele. Hier werden nur einige markante angeführt: Im Lathental, bei den Häusern 9 bis 13 in Kleinaupa, auf den Rennerbauden hinter Nr. 91 und vor Nr. 80 und .82, in Ober-Kleinaupa besonders in Schwarzwasser." Weiter heißt  es  an  anderer  Stelle: "Die Messungen haben bewiesen, wie groß die Gefahr für das ganze Gebiet wäre, wenn die freie Weide mit großen Viehbeständen belassen, oder in noch größerem Umfange betrieben würde, besonders durch die Schafzucht, wie die Absichten der Staatsgüter zeigen. Der unerwünschte jetzige Stand erweckt große Sorgen für die kommenden Jahre. Der problematische augenblickliche Nutzen aus der freien Weide von Rind und Schaf kann bei weitem die Schäden und Verluste nicht aufwiegen, die im Laufe weiterer fünf bis zehn Jahre erscheinen werden, wenn die Landwirtschaft vernichtet und die Wiedergutmachung beschwerlich, wenn nicht unmöglich sein wird. Die Verödung war solcher Art, dass wir die Ergebnisse der Messungen und Beobachtungen dem Rate des Mistni narodni vybor mit dem Antrag vorlegten, im ganzen Gemeindegebiete das absolute Verbot des freien Weidens von Rindern, vor allem aber von Schafen, kundzumachen und zwar im Hinblicke auf die Erholung und den Naturschutz. Denn es geht um ein naturwissenschaftliches und schutzbedürftiges Gebiet für den vorzubereitenden Riesengebirgs-Iser-Naturschutzpark."

An anderer Stelle werden Ratschläge erteilt, wie man die Schäden vermindern und beseitigen soll, bis dann der Naturschutzpark geschaffen werden wird. Es ist nicht möglich, hier alles noch Wissenswerte anzuführen. Im Jahre 1950 wurden beide Gemeinden zu Kleinaupa zusammengelegt. Während früher Nieder-Kleinaupa 13 und Ober-Kleinaupa 15 Ortsteile hatte, sind es heute nur 10 und 9. Kleinaupa ist heute eine fast ausschließliche Gemeinde mit Kurcharakter, denn 80,29 % sind Erholungsheime in 167 Häusern, davon für Betriebe 101 und für private Erholungszwecke 66 Häuser. Als Eigentümer der Heime rangieren folgende Städte: Prag mit 55, Trautenau mit 40, Königgrätz mit 18, Pardubitz mit 11, Nachod mit 5, Podiebrad mit 4 Häusern, die restlichen 34 Städte mit 3 und weniger Häusern für Erholungszwecke.

Wiesen und Gärten haben von zusammen 338 auf 231 ha abgenommen, Weiden und anderer Grund von 593 auf 298 ha, während die Wälder von 1715 auf 2117 ha angestiegen sind (Stand vom Jahre 1962).

Von den 251 Häusern im Jahre 1945 sind 1962 208 bewohnbar. Außer den 167 Häusern als Erholungsheime werden von der Ortsbevölkerung 26 und 15 Häuser als öffentliche Gebäude bewohnt. Der Ortskern befindet sich jetzt auf dem Hochplateau bei den Grenzbauden mit 41 Häusern. Die Kirche wird nur von den deutschen Ortsbewohnern besucht, während sich die Tschechen an den Gottesdiensten nicht beteiligen. Die Zahl der ständigen Einwohner beträgt 1962 135 Personen, davon 35 mit deutscher Volkszugehörigkeit. Die einklassige Schule wird von etwa 20 Kindern besucht. Dass die deutschen Kinder, falls welche vorhanden sind, was aber anzunehmen ist, die tschechische Schule besuchen, wird nicht gesagt.

Der Zug nach Ober-Kleinaupa war schon nach 1930 zu erkennen, wo bis 1939 11, in Nieder-Kleinaupa aber nur 4 neue Häuser entstanden.

Aus dem Abschnitte "Neue Etappe und Aussichten" habe ich schon einiges vorweggenommen. Dort heißt es weiter: "Schon vor der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung begann die allmähliche und fortschreitende Besiedlung beider Gemeinden. Mit den besseren Bedingungen, auch der baulichen Ausstattung der Häuser, lockte eher Ober-Kleinaupa, obwohl Nieder-Kleinaupa für die Neusiedler klimatisch günstiger war, vor allem für die aus den niederen Lagen Innerböhmens. Manche Neusiedler zogen wieder weg, so dass sich in Nieder-Kleinaupa außer dem Förster, der Pension Rusalka und einiger Erholungsheime mit ganzjährigem Betrieb nur drei Familien dauernd und sechs deutsche Familien ansässig sind, wogegen in Ober-Kleinaupa ohne die Station des VB (Gendarmerie) zwei Förster und die Angestellten des Erholungsheimes ROH mit zwölf Familien dauernd und vier deutsche Familien wohnen."

Die soziale Struktur der 135 Dauereinwohner besteht aus: 15 Arbeitern, 9 Waldarbeitern, 6 Landarbeiter, Angestellte der Erholungsheime 24, 12 Beamte und Andere, 6 Frauen im Haushalt, 8 Rentner, Studenten und Lehrlinge 4, zusammen 84 Personen. Der Rest setzt sich aus Schulkindern und jüngeren Kindern zusammen.

Aus der Slowakei werden in der Saison Waldarbeiter beschäftigt, weil mit den örtlichen Kräften die Forstverwaltung ihre Aufgaben für die Holzgewinnung nicht bewältigen könnte. Durch Vorträge, Filmvorführungen und gesellige Veranstaltungen wird die Volkskultur gefördert. Auch werden Kämpfe mit dem Schlagball zwischen den Erholungssuchenden und der polnischen Grenzwache von Zeit zu Zeit ausgetragen.

Die Gemeinde wurde 1948 elektrifiziert, jedoch blieben abgelegene Häuser noch ohne Anschluss. An der Schule besteht ein Turnsaal und ein Puppentheater. Auf dem Schulgrund werden von den Schulkindern des sog. Mitschurinkreises mit Erfolg Frühkartoffeln, Gemüse und einige Beerenfrüchte in 1050 m Seehöhe angebaut. Neben der Schule ist eine meteorologische   Beobachtungsstation. Die Volksbücherei ist ebenfalls in der Schule untergebracht. Außer der Gendarmerie gibt es eine Bergdienst-Gruppe und eine Abteilung Feuerwehr. Die Fernsprechzentrale ist in Trautenau, Kleinaupa hat 25 Fernsprechteilnehmer. Der Mistni narodni vybor hat 11 Mitglieder und wird von einem sechsgliedrigen Rate geleitet.

Zum Schlüsse lasse ich nochmals den Autor zu Worte kommen: "Die Fehler, über die ich im Kapitel III.2. geschrieben habe, kann man nur damit entschuldigen, dass sie einem Provisorium entsprangen. Auf die Dauer wären sie vom Stande der Wirtschaftlichkeit und des Naturschutzes unerträglich." Es handelt sich dabei um den oben beschriebenen massenhaften Weidegang, welcher so große Schäden an der Vegetation und dem Gesamtbilde der Landschaft hervorgerufen hat. Wie sich unterdessen die Verhältnisse in Kleinaupa verändert haben mögen, davon ist nichts bekannt.

Auszugsweise Übersetzung des tschechischen Textes.

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