Geben sie nur zu, dass Ihnen der 
  Name Löwengrund "Lvi dul" für Riesengebirgsgefilde doch 
  etwas exotisch klingt. Sind die "Löwen" unberechtigterweise in 
  die hiesige Ortsbeschreibung gelangt, oder gehören sie wirklich hierher? 
  Woher bekam der Grund seinen Namen?
  
  Die Heimatkunde von Trautenau aus den Jahre 1901, verfasst von dem Lehrer Josef 
  Demuth aus Dolni Marsov (Nieder-Marschendorf) erwähnt zwei steinerne Löwen 
  am Eingang zu einem Stollen unter den Dolsky boudy (Grundbauden). Der Lehrer 
  Demuth leitet den Namen des Grundes gerade von diesen Löwen ab. Es ist 
  schwer festzustellen, woher er diese Informationen hatte, aber in Anbetracht 
  der Gründungszeit dieser Schächte im Jahre 1735 scheinen die Steinlöwen 
  eher eine noch frühere Benennung zu widerspiegeln. Eine eigenartige Erklärung 
  bot im Jahre 1908 der Bruder von Mikulas Ales, Josef Ales "Lyzec" 
  genannt, an. Er ging von der Ähnlichkeit des deutschen Wortes "Löwen" 
  mit dem tschechischen "Loven" aus. Seine Auslegungen ergänzte 
  er durch das Argument über den Tierreichtum im Löwengrund und empfahl 
  die tschechische Bezeichnung "Loven". Mit dem gleichen Problem befasste 
  sich 40 Jahre später der bedeutend besser beschlagene Kenner und Schöpfer 
  tschechischer Ortsbezeichnung des östlichen Riesengebirges, Josef Sourek. 
  Er ließ den "Löwen" Ursprung völlig fallen und neigte 
  sich zur früheren Erklärung, die die Herkunft in einer Verstümmelung 
  des deutschen Wortes "Laube" Wohnung) zu Lebe (Leben) bis hin zu Löwe 
  sieht. Er führte sogar einen gänzlich neuen Namen ein "Tichy 
  dul" (Stiller Grund) der aber keinen Anklang fand und kurz darauf in Vergessenheit 
  geriet. Der Topograph E. R. Petrak leitete im Jahr 1891 den Namen "Löwengrund" 
  von einem ursprünglichen "Lawinengrund" ab, es störte ihn 
  auch weiter nicht, dass seit Menschengedenken nie eine Lawine in diesen Grund 
  stürzte. Auch ein Blick in die Landkarte sagt einiges aus. Die aus den 
  letzten 40 Jahren lassen eine Benennung dieses einige tausend Hektar großen 
  Tals ganz weg, aber ältere Karten gebrauchen einheitlich die Bezeichnung 
  "Löwengrund". Die Karte des Jan Kristian aus Wolffsburg aus dem 
  Jahre 1701 benennt es Leuenthal, was nichts anderes ist als eine poetische Ausdruckswiese. 
  Dagegen gebrauchte Samuel Globic aus Bucin in seiner Karte königlicher 
  Wälder des östlichen Riesengebirges aus dem Jahre 1668 den Namen "Lebenbach". 
  Wahrscheinlich gerade mit dieser Benennung wurde Verwirrung in die Bezeichnung 
  des Löwengrundes gebracht. Diese bekannte Karte wurde von vielen Autoren 
  als Grundlage für die Metamorphose von Löwe zu Leben benutzt, wie 
  wir das im Falle von Josef Sourek gesehen haben. Vielleicht entstand die ganze 
  Verwirrung nur durch einen Schreibfehler des Samuel Globic. Diese Erklärung 
  ist einfacher, als die angenommene Verstümmelung. Der grundlegende Beweis 
  für die Ursprünglichkeit des Namens "Löwengrund" ist 
  einer tschechisch geschriebenen Nachricht eines Beamten aus Kutna Hora (Kuttenberg) 
  zu entnehmen, in der er am 23. September 1609 über den Zustand der Riesengebirgswälder 
  schreibt. Heute liegt sie im Staatsarchiv in Prag. Unser Grafiker, Zdenek Petira, 
  kopierte daraus die entscheidende Stelle: "... Talgrund, von denen einer 
  Silberlöwe heisset". In Rücksichtnahme auf einen weiteren Text 
  ist hier zweifelsohne von unserem Löwengrund die Rede. Die Bezeichnung 
  "silberner" lässt die Verbindung zum Bergbau anklingen. Der Historiker 
  des Riesengebirgsmuseums, Mila Bartos, erinnert dabei an das Bergwerk aus dem 
  16. Jahrhundert, "Goldener Löwe" genannt, in Svaty Petr (St. 
  Peter) bei Spindleruv Mlyn (Sindelmühle). Die gleiche Bezeichnung fand 
  übrigens auch Radko Tasler für ein Bergwerk in Horni Lyseciny. Wir 
  dürfen also die Meinung äußern, dass der Ausdruck "Löwengrund" 
  ursprünglich ist und den einstigen Ausdruck für ein Bergwerk widerspiegelt. 
  
  
In den neuesten Wanderkarten erscheint nun wieder der Name "Löwengrund". 
  Die Einheimischen haben allerdings diesen Namen immer gebraucht, und sie tun 
  es so bis heute. Vielleicht auch deswegen, weil dem Löwengrund bis heute 
  etwas geheimnisvolles anhaftet.