von Roman Reil
Übersetzung Gustav Erlbeck
Ich öffne einen von vielen "Schätzen"
des staatlichen Bezirksarchiv in Trutnov (Trautenau), welche sich für uns bis
in die heutigen Zeit erhalten haben.
Das Buch großen Formats, in harten Tafeln von dunkelbrauner
Farbe, lässt uns kaum vermuten, was es interessantes verbirgt. Auf insgesamt
60 Seiten und drei großen losen Blättern enthält es die Stammbäume von Familien,
welche vor ca. 100 Jahren die grenznahe Gebirgsgemeinde Mala Upa (Kleinaupa)
bewohnten. Sie werden sagen, nichts außergewöhnliches! Wie interessant das ist,
bestätigt erst eine tiefere Analyse und historischer Erforschung der Ursachen
der Entstehung dieses Buches.
Aus der Geschichte von Mala Upa (Kleinaupa)
Von den Anfängen von Kleinaupa wissen
wir nur sehr wenig. Sicher ist, dass die Besiedlung dieses Kreises einen Zusammenhang
mit hiesigen Gewinnung von Holz und der bergmännischen Tätigkeit zu tun hat.
Das Holz wurde nicht am Ort verbraucht, sondern wurde in einem sinnvollen System
bis nach Kutna Hora (Kuttenberg) zu den Silberminen geflößt.
Die Anfänge der erhöhten Förderung des Holzes aus
der Umgebung des Riesengebirges wird mit dem Auftreten des adligen Kärntner
Christoph Gendorf, einem bekannten Bergbauspezialisten, datiert, den Kaiser
Ferdinand I. im Jahre 1530 zum Berghauptmann ernannte. Der kaufte nach und nach
die Hohenelber und Schatzler (Schatzlar) Herrensitze auf und leitete damit umfangreiche
bergmännische Tätigkeiten ein. Es muss erwähnt werden, dass es in der Zeit der
Regierung Ferdinand des I. zu Widersprüchen zwischen den tschechischen Ständen
und dem Herrscher kam. Deshalb hat der Kaiser, im Bemühen die ergebensten Anhänger
in den höchsten Behörden zu gewinnen, fremde Adlige und Fachleute (Bergmänner,
Holzhauer, usw.) aus Österreich und Italien nach Böhmen gerufen.
Gendorf und nach ihm die kaiserliche Trautenauer Forstmeister Kaspar Nus aus
Raigersdorf beriefen Fachleute aus Kärnten, Steiermark und Tirol. Das war eine
der weiteren kolonialisiations Wellen, die das Gebiet des Riesengebirges erreichte.
Die neuen Siedler waren den einheimischen Bewohnern nicht besonders willkommen.
Der Chronist Simon Hüttel schreibt im Jahr 1549: "ein fremdes Volk kam
ins Riesengebirge, welches den Wald vernichtete." Anhand weiterer Dokumente
aus dem Jahre 1566 wurden Hans Gauden und Paul Lahner aus Tirol nach Böhmen
berufen, welche der Gewinnung und die Beförderung des Holzes und das Holzkohle
brennen organisieren sollten. Im gleichen Jahr kamen 30 Holzhauer aus Tirol
und Jahr 1567 nochmals dreihundert Tiroler Siedler. Ein Jahr später erinnert
Simon Hüttel in der Trautenauer Chronik an den Bau einer Klause (eines Dammes
zum Anstauen des Wassers für das Flößen des Holzes) in Kleinaupa.
Anmerkungen des weisen Pfarrers
Den Namen Tiroler, kärntnerischen
und steirischer Zuwanderer begegnen wir auch in unserem Buch. Die ausgearbeiteten
und aufgezeichneten Stammbäume der angesiedelten Familien in Kleinaupa bezeugen
nicht nur die Umsicht des Pfarrers und die Vorsicht, damit es keine Verbindung
unter Blutsverwandten gab zwischen Bruder und Schwester, Cousin und Cousine),
sondern auch die schöpferische Begabung und Sinn für Ordnung.
Der Pfarrer Alois Krsek, der Autor des erwähnten Buches über die Stammbäume,
wirkte an der Pfarrei von Kleinaupa in den Jahren 1891 1904 und allein
der Arbeit mit dem Buch der Stammbäume widmete er sich 6 Jahre lang. Aus Kleinaupa
ging er dann nach Babice bei Chlumle, wo er auch pensioniert wurde und beendete
sein Leben in Borovice (Großborowitz).
In der Einleitung zu seinem Buch über die Stammbäume führt er aus: Diese Buch
soll nicht nur zur Darstellung der Entwicklung und des Wachstums des Kreises
Kleinaupa dienen, sondern hauptsächlich den geistlichen Verwaltern zur Information
über die verwandtschaftlichen Verbindungen, und die Möglichkeit ihrer mühelosen
Erkennung.
In Kleinaupa besteht Verfügung zur Anmeldung. Die Mehrheit der einzelnen Familien
ist so verzweigt, dass selten Verlobte ankommen, die nicht mehr oder weniger
miteinander blutsverwandt sind. Die einfachen Menschen wissen davon nichts.
Der geistliche Verwalter muss daher vorsorglich alle Matrikel durchsehen und
die Herkunft der Verlobten erforschen.
Davon wird aber in den Matrikeln nicht viel zu finden sein, weil sie erst ab
dem Jahre 1784 geführt wurden, als Kleinaupa von der Pfarrei Marschendorf gelöst
wurde. Es ist notwendig, die Zusammenhänge der einzelnen Familiennamen anhand
der ältesten Matrikeln bis aus dem Jahre 1718 zu erstellen.
Die einzelnen Familien sind mit verschiedenen Farben gekennzeichnet und mit
Seitenangabe, wo die einzelnen Familien zu finden sind. Die römischen Ziffern
und die Buchstaben sagen uns, wo die Hauptfamilie zu finden ist.
Pfarrer Alois Kresk ist nicht nur der Autor dieses Stammbaumbuches, sondern
fertigte auch das sogenannte Buch B, das sich aus 44 Karten des Pfarrbereiches
Kleinaupa im Maßstab 1:15 000 zusammensetzt, und das das Bezirksarchiv nicht
enthalten hat. Auf der ersten Karte veranschaulichte er alle Häuser mit Grundstücken
von der ersten Benummerung der Gemeinde im Jahre 1771. Auf der Karte waren die
Namen aller 115 Eigentümer nach den Koskriptionsnummern. Auf der zweiten Karte
waren alle Ansässigen verzeichnet, die die Gemeinde bei der zweiten Benummerung
der Gemeinde im Jahre 1805 (im ganzen 171 Ansässige) und darüber hinaus waren
ihre Spitznamen dazugeschrieben. Auf der dritten Karte waren alle Ansässigen
aufgeführt. Alle Ansässigen, die hier gegenwärtig waren bei der dritten Benummerung
der Gemeinde im Jahre 1900 (für Ober-Kleinaupa 97 Ansässige und für Nieder-Kleinaupa
110 Ansässige). Auf der vierten Karte veranschaulichte Krsek die Entwicklung
der Gemeinde im Zeitraum 1771 1900.
Das Kleinaupaer Stammbaumbuch ist das einzige im staatlichen Bezirksarchiv in
Trautenau hinterlegte Buch dieser Art. Es ist nicht nur ein Beleg für den schöpferischen
Geist des Pfarrers Alois Krsek, sondern auch eine ausgezeichnete Quelle für
Forscher, die in den Forscherraum des Bezirkarchivs in Trautenau kommen, um
nach Vorfahren zu forschen.
Bild auf Seite 37: Der Stammbaum der Familie des Georg Ruse aus Kleinaupa Nr.
47 beginnt schon im Jahre 1724, als er sich mit Anna Maria Heinsch verheiratete.
Anmerkung: das Bild war auf der Kopie so schlecht, das es hier nicht wiedergegeben werden kann. Aber die Originalstammbäume können im Archiv in Trautenau eingesehen werden. Die erste Mappe befindet sich dort. Nur eben leider die zweite Mappe ist verschwunden.
*) Der in der Mitte aus Stangen errichtete Feuerschacht heißt "Quandel" (laut Brockhaus).